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Figuren
und Orte aus Die Kinder der Lilith (1908) von Isolde Kurz |
Zusammengefasst
und gegliedert von Tomas Wullschleger |
Eine
Fortsetzungsgeschichte in sieben Folgen |
Fortsetzung
von gestern Mittwoch, Schluss:
7. Siebter
Teil
7.1.
Die Sonne sieht auf die Erde nieder, sieht wie das Auge einer Witwe auf
das Muehsal des Menschengeschlechts, was keine Ziele kennt, sondern nur
des Leibes Notdurft. Alt sind sie geworden, bitter und welk. Eva's Sinn,
dem naechsten nur erschlossen, lebt fort in ihren Leibes Sprossen.
7.2.
In Adam ist noch ein Funke des Verlorenen. (Das Siegel seines Ursprungs).
In manchen Augenblicken, manchmal im Traum auch, wird er erinnert an das
ferne Glueck. Und immer wieder erscheint ihm auch das letzte Bild der
Lilith. (Lodernde Flamme von Kopf bis Fuss). Zerreissend toent ihr Scheidegruss.
7.3.
Hinter dem Pflug geht in Juengling, Evas erster Sohn, in der Brandnacht
gezeugt, mit einem blutroten Mahl auf der Stirn. Adams Herz ist ihm fern.
Er verachtet des Vaters Fleiss und des Bruders Guete. Er will Genuss,
die Jagd, des Weibes Kuss und zierliches Gewand und dass ihm die
Geschwister dienen. Von der Schlange empfing er Kunst und Wissen. Er wird
im Ueberfluss nicht satt.
7.4.
Als Zwang lebt in Kains Gebluete, was Adam in seinem wechselnden Gemuete
frei wuchern liess als giftige Bluete. In allen, die aus dem Geschlecht
kommen, lebt als Heimweh Edens Bild, das ihnen im Traum erscheint.
7.5.
Ueber die blutige Scholle schreitet der erste Mord. Nun erfuellt sich
Jahwes Fluch. Bruder den Bruder erschlug. Busse fuer den ersten Fall.
Weiter spinnt sich's und weiter. Mit Fluechen werden sieÕs lohnen, Adams
Kinder zu sein.
7.6.
Das ist der Tod. Abel liegt reglos, die Erde trinkt sein Blut. Es schmeckt
nach mehr.
7.7.
Die Kinder Adams stehen bleich um den toten Abel. Sein Bild nur ist's.
Doch wo ist er?
7.8.
Sie schliessen schaudernd einen Kreis. So liegen auch die Eltern einst,
und alle.
7.9.
Adam betet auf den Knien. Die Mutter weint, doch nicht um Abel, sondern
um ihren ersten Sohn, der draussen in Reue und Einsamkeit mit der Schlange
umher irrt. Er war das lebendige Zeugnis ihres Sieges. Was einst des Vaters
Jugendangesicht, ist jetzt der Sohn ihr Abgott und ihr Licht. Der
Mord war nicht wegen eines Streites beim Opfer, er war wegen des lilienweissen
Leibes der Tochter. Adam gab sie Abel zur Frau. Eva hasst ihre Tochter.
7.10.
Adam tut den ersten Spatenstich. Dem jungfraeulichen Reiche vertrauen
sie die erste Leiche.
7.11.
Gabriel kommt zu Adam. - Kennst du mich noch, du hast dich veraendert
seit dem ersten Schoepfungsmorgen. - Weisst du was altern heisst? - Nie
sah ich's vor dieser Stunde. - Der Tod kam heute. War das Gottes Wille?
- So stand's geschrieben. - Ich bin mued und alt. Dass ich zerwerde, ich
hoff' es bald. - Verklagst du den Himmel, was hast du gesaet? Dich zog
der Erdenstoff zu schwer. Der Bauch ist Herr. In der Begierden Joch dein
ganzer Stamm gebeugt, ein Greuel, der sich immer neu erzeugt. - Kommst
du den Jammer zu vermehren? - Und deine Toechter arge Zucht. -
Du kamst zu tilgen mein Geschlecht. - Nein. Ich bringe dir einen Trost.
Warum fragst du nicht nach Lilith? Wo sie hinkam weiss nur der Meister.
Auch in den Lueften lebt sie bloss als Sage noch. Wenn der Regenbogen
scheint, sagen die Kleinsten: Lilith weint. Sie hat ein Knaeblein geboren,
das lebt jetzt im Paradies. Ein Seraph erzaehlt ihm von seiner Mutter.
Sein Auge ist Sonne, manchmal nur ein Traum von Schmerzen, geschoepft
aus trauerndem Mutterherzen. - Ich will ihn sehn, mein letzter Wunsch.
- Der ist dir vergoennt. Es muss reichen, dass dein Herz ihn kennt. Dereinst
wird ihn der Schoepfer in eine Wiege legen, dass er der Menschen Fuehrer
werde in ihrer Blindheit. Er bringt den Schleier Liliths wieder mit. Evas
Kinder werden ihn hassen, den Lichtgezeugten. Vergeblich. Letztlich muss
Liliths Blut auf der Erde herrschen. Immer, wenn das Menschengeschlecht
weiter kommen soll, wird einer aus Liliths Gebluet erweckt.
7.12.
Der Engel verschwindet. Adam stirbt. Um die grollende Mutter scharen sich
die Kinder. Sie versprechen ihr, diesen Sohn der Lilith zu verfolgen,
ihn zu zerreissen. Troeste dich Mutter, er ist Einer, und wir sind Viele.
Erste
Folge morgen Freitag |